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Das Murmeltier der Integrationsdebatte: Das Burkaverbot!

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Das täglich grüßende Murmeltier der Integrationsdebatte hat einen Namen: Es ist das Burkaverbot! Neuerdings auch das Burkini-Verbot. In einer erstaunlichen Regelmäßigkeit ploppt es auf allen Ebenen auf. Es gilt als Allheilmittel, die arme, muslimische Frau von ihrer Unterdrückung zu befreien und in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Verschleierung, Zwangsheirat, Ehrenmorde, männliche Gewalt – nichts beschäftigt die integrationspolitische Debatte in Deutschland so sehr, wie die Frage nach der Emanzipation der muslimischen Frau.

Panik bei der CDU – Landtagswahlen stehen an. Beim Thema Integration hat man nicht viel anzubieten, verliert Stimmen an die AfD. Da greift man natürlich wieder in die integrationspolitische Trickkiste und zaubert das Burkaverbot vor. Wirkt durchgreifend und konsequent.

Kann sein, dass ich den Massen an Burka-tragenden Frauen in Deutschland einfach nicht begegne. (Tatsächlich hat sich Bento – erfolglos – auf die Suche gemacht). Aber sollten Innenminister*innen, die Geflüchtete kaum vor den Übergriffen rechter Kräfte schützen können, nicht wichtigere Herausforderungen auf der Agenda haben? Ist es eventuell doch nur eine Anbiederung an den antimuslimisch-rassstischen Diskurs, der nicht nur in der deutschen Integrationsdebatte – nicht erst seit den GIDA-Bewegungen und der Etablierung der AfD – fester Bestandteil ist?

Mich erschreckt es immer wieder, welche Wellen der Zustimmung der Vorschlag eines Burkaverbotes erhält. Nicht nur in konservativen-rechten Milieus, sondern auch in Teilen feministischer Diskurse. Tatsächlich lässt die Praxis des Burkaverbotes in Frankreich infrage stellen, ob den Frauen, die gezwungen werden, eine Burka zu tragen, mit dem Verbot geholfen ist. Stattdessen fühlt sich die weiße, nicht von Rassismus betroffene Mehrheitsgesellschaft ein bisschen wohler, weil sie die Frauen entschleiert hat.

Fragt man muslimische Frauen auf der ganzen Welt, was sie selbst als ihre dringendsten Probleme ansehen, kommt meistens eine sehr feministische Agenda als Antwort: Oft geht es um Verteilungsfragen, z.B. im Erbrecht, aber auch um das Recht einen Beruf auszuüben und reproduktive Rechte. Das Thema Verschleierung wird selten als ein Problem genannt, häufig im Gegenteil als Ausdruck der Freiheit von Religionsausübung verstanden.

Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen die Frauen, deren Unterdrückung sie da definieren und bekämpfen wollen, zu Wort kommen lassen. Und ich würde mir wünschen, dass wir die Scheindebatten lassen und endlich darüber sprechen, was Integration wirklich braucht: Den Ausbau der Kinderbetreuung, um Frauen die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen zu ermöglichen, die Bereitstellung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, die Absenkung der Hürden bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, das Bekämpfen von Diskriminierung aufgrund der Herkunft am Arbeitsmarkt. Integrationspolitik muss Willkommenspolitik sein, die Menschen nicht nur Verbote und Anpassungsvorgaben diktiert, sondern als neue Bürger*innen und Teil unserer Gesellschaft begreift.

 


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